Konrad Sommer

(1915-2012)

Konrad Sommer: Hauptwerke der Jahre 1980-1989


Der Anfang der achtziger Jahre bedeutete für Sommer einen Höhepunkt seiner Schaffenskraft, da er mit einer großen Bandbreite von malerischen Mitteln eine Landschaft einfangen konnte. Seine Pinselführung gewinnt gegenüber den siebziger Jahren zunächst an Ruhe. Nach den Augenoperationen 1984 mußte der Künstler mit einer neuen Situation zurechtkommen, da seine Sehfähigkeit von nun an eingeschränkt war und sich in den folgenden Jahren weiter verschlechterte. Ab diesem Jahr beginnt das Alterwerk des Künstlers.


Fotschertal, 1980
Öl auf Karton, 37,8 x 49,0 cm

 Fotschertal, 1980, Öl auf Karton, 37,8 x 49,0 cm, bez. u.r.: Fotschertal 80
Fotschertal, 1980, Öl auf Karton, 37,8 x 49,0 cm, bez. u.r.: Fotschertal 80

Sommer bezeichnete das Gemälde selbst mit dem Titel "Fotschertal 80", ohne es jedoch zu signieren. Es scheint wie in einem Guss gemalt ohne weitere Überarbeitungen. Im Zentrum stehen vier Lärchen, die in orangen und hellgrünen Farben dargestellt sind. Die Landschaft ist mit Schnee bedeckt, und es handelt sich wohl um eine winterliche Szenerie. In dieser Jahreszeit verlieren die Lärchen ihre Nadeln und die Bäume sehen grau oder bräunlich aus. Auf dem Gemälde scheint sich jedoch in den hellen Farben der Nadelgewächse schon ein neues Hervorbrechen der Vegetation anzukündigen. Während die Nadelgewächse in warmen Farben wiedergegeben sind, zeigen die umgebenen Berggipfel zumeist kühle hellblaue und graue Farbtöne, bis auf den hell von der Sonne beschienenen Berg in der oberen linken Bildhälfte, wo warme Gelbtöne im Weiß der Schneemassen wahrzunehmen sind. Auch die warmen Farben der Lärchen reflektieren sich etwas im Vordergrund rechts oberhalb der Bezeichnung. Das Fotschertal befindet sich südlich der Ortschaft Sellrain in Tirol, etwas westlich von Innsbruck. Es trägt seinen Namen vom Fotscherbach, der in Sellrain in die Melach fließt. Es gibt noch ein zweites Gemälde mit der Bezeichnung Fotschertal, das eine reine schneebedeckte Gebirgslandschaft ohne jede Vegetation zeigt. Dort ist als Datum 24.03.80 notiert, womit wohl die Entstehung des Werkes angegeben wird. Im Fahrtenbuch ist am 24.08.1979 eine fünftägige Reise nach Scharnitz etwas nördlich von Innsbruck eingetragen. Von dort könnte das Ehepaar Sommer mit seinem Wagen zu einem Tagesauflug ins Fotschertal gefahren sein. Die winterlichen Darstellungen des Fotschertales wären dann eine Nachbearbeitung von sommerlichen Reiseeindrücken gewesen.



Großer Ostersee mit Marieninsel, um 1980
Acryl auf Harfaser, 56,0 x 70,0 cm

Ausstellung: Akustik und Musik der Landschaft, Atelier Martin von Ostrowski, Berin 2019
Publikation: Martin von Ostrowski: Konrad Sommer, Rhythmische Landschaften, Berlin 2020, Abb. 32 u. Abb. 41.

 Großer Ostersee mit Marieninsel, um 1980, Acryl auf Harfaser, 56,0 x 70,0 cm
Großer Ostersee mit Marieninsel, um 1980, Acryl auf Harfaser, 56,0 x 70,0 cm

In hellen Tönen von Gelb, Gelbgrün, Orange, verschiedenen Rottönen und etwas Blauweiß zeigt das Mittelformat eine Voralpenlandschaft mit einem Gewässer, in dem eine baumbestandene Insel sich erhebt. Zwei Baumstämme am linken Rand sind ganz ihrer Blätter beraubt, andere Bäume im Mittel- und Hintergrund weisen dagegen eine orangebraune Belaubung auf. Die helle Farbigkeit strahlt eine gewisse Kälte aus, so dass man einen sonnigen Wintermorgen assoziieren könnte. Vielleicht ist der See sogar zugefrohren. Das alles bleibt jedoch im vagen. Die Farben sind einerseits naturnah wie die schneebedeckte Bergkette im Hintergrund, andereseits verweigern sie sich einer jahreszeitlichen Deutung wie die magentafarbenen Bäume am hinteren Seeufer. Das Skizzenhafte und die seltsame Farbigkeit dieses Mittelformates erzeugen eine traumhafte Atmosphäre, die über eine bloße Naturdarstellung hinausgeht und einen poetischen Charakter annimmt.



Ostersee, Frühjahr, um 1982
Öl auf Karton 59,5 x 79,8 cm

Ausstellung: Akustik und Musik der Landschaft, Atelier Martin von Ostrowski, Berin 2019
Ausstellung: Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022
Publikation: Martin von Ostrowski: Konrad Sommer, Rhythmische Landschaften, Berlin 2020, Abb. 30.

 Ostersee, Frühjahr, um 1982, Öl auf Karton 59,5 x 79,8 cm
Ostersee, Frühjahr, um 1982, Öl auf Karton 59,5 x 79,8 cm

Die Darstellung eines der kleineren Osterseen ist besonders lebendig gestaltet. Das Gewässer liegt in einer hügeligen Landschaft. Rechts begrenzen zwei gelb belaubte Bäume den Bildrand. In einer sehr freien Übermalung von rotorangen und rosa Tönen ist im Vordergrund Schilf dargestellt, das so typisch für diese langsam verlandenden Seen ist. Das Bildzentrum nimmt die in vielfältigen Farben von Hellblau, Gelb, Rosa und verschiedenen Grautönen gehaltene Wasserfläche ein. Dahinter erstreckt sich auf der rechten Bildhälfte ein mit rotfarbigen Bäumen bewaldeter Hügel, während auf der linken Bildhälfte die die schneebedeckten Gipfel der bayerischen Alpen zu erkennen sind. Das Gemälde beeindruckt durch seine heitere Ausstrahlung auf Grund der hellen Farbigkeit und durch die ungemein flüssige Art der Malweise, die Sommer mit sehr breiten Pinselstrichen vollzog.



Isar mit weißen Kiesbänken, um 1982
Öl auf Karton, 39,6 x 60,5 cm

Ausstellung: Akustik und Musik der Landschaft, Atelier Martin von Ostrowski, Berin 2019
Ausstellung: Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022
Publikation: Martin von Ostrowski: Konrad Sommer, Rhythmische Landschaften, Berlin 2020, Abb. 35, S. 27.

 Isar mit weißen Kiesbänken, um 1982, Öl auf Karton, 39,6 x 60,5 cm
Isar mit weißen Kiesbänken, um 1982, Öl auf Karton, 39,6 x 60,5 cm

Die Isar mit ihren Kiesbänken stellt das zentrale Motiv dieses Gemäldes dar, das im Gegensatz zu den meisten anderen Arbeiten Sommers asymmetrisch aufgebaut ist. Das Flussbett liegt links der vertikalen Mittellinie und wird von den hellen in verschiedenen Weißabtönungen gehaltenen Sand- bzw. Kiesbänken gerahmt. Rechts ist in Rot und Orange das Blattwerk von zwei Bäume am unteren Rand dargestellt. Links steht eine größere Gruppe mit Bäumen. Zu Rot und Orange kommen hier noch die Farben Magenta, sowie Blau und Grün für Schattenbereiche dazu. Den Mittelgrund bilden bewaldete Hügel, hinter denen sich im Hintergrund höhere blaue Berge sowie einige mit Schnee bedeckte Gipfel des Wettersteingebirges erheben. Das Gemälde wirkt ungemein lebendig mit den kräftigen Farbtönen im Kontrast zum Weiß des Schnees im Hintergrund, bzw. dem Weiß der Kiesbänke. In den frühen achtziger Jahren besaß Sommer eine Sicherheit in der Pinselführung, die es ihm erlaubte eindrucksvolle Landschaftsbilder zu gestalten.



Bäume in bergiger Landschaft, um 1982
Öl auf Karton, 57,0 x 80,0 cm

 Bäume in bergiger Landschaft, um 1982, Öl auf Karton, 57,0 x 80,0 cm
Bäume in bergiger Landschaft, um 1982, Öl auf Karton, 57,0 x 80,0 cm

Im Vordergrund des Gemäldes stehen auf einer Bergkuppe locker verteilt hochgewachsene, schlanke Bäume, die mit ihren Kronen in den hellblauen Himmel hineinragen. Ihr Laub ist in verschiedenen roten und Ocker Farbtönen wiedergegeben, und so kann man auf eine spätherbstliche Jahreszeit mit heiterem Wetter schließen. Ebenfalls noch auf dem Hügel sieht man in der Ferne weitere in rot und violett gemalte Bäume, die zu einem geschlossenen Wald gehören. Auch hinter dem höchsten Baum ganz am linken Bildrand deuten rote Striche wohl eine bewaldete Zone an. Dahinter erkennt man in Blau ausgeführt die abwechslungsreiche Silhouette von weiteren Bergen. Die Landschaft strahlt auf Grund der eingesetzten warmen roten und kalten blauen Farben eine heitere Stimmung aus. Auch der Rhythmus der schlanken Stämme sowie die unterschiedlich gestalteten Baumkronen tragen dazu bei, dass bei diesem herbstlichen Motiv eine eher heitere Stimmung im Vordergrund steht, ein Verweis auf den jahreszeitlichen Wandel der Vegetation.



Mühltal bei Starnberg, um 1983
Öl auf Karton, 57,0 x 80,2 cm

Ausstellung: Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022
Publikation: Ausstellungskatalog Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022, Abb. 11, Text S. 14.

 Mühltal bei Starnberg, um 1983, Öl auf Karton, 57,0 x 80,2 cm
Mühltal bei Starnberg, um 1983, Öl auf Karton, 57,0 x 80,2 cm

Das Gemälde gibt eine Ansicht des Mühltals bei Starnberg von einem erhöhten Standpunkt aus wieder und entstand wohl um 1983. Die Farbauswahl zeigt verschiedene Ockertöne mit Umrissen in Karmesin sowie kühle Töne von hellem, milchigem Grün, Blau und Violett. Wie bei vielen Werken Sommers ist die Vordergrundzone am unteren Rand schmal gehalten. Dort erheben sich einige mit wenigen Umrisslinien und dunkelroten Akzenten angedeutete Bäume. Die bewaldete Hügel- und Tallandschaft, die sich über der breit angelegten horizontalen Mittelzone erhebt, ist dagegen nur summarisch ausgearbeitet. Sie bezieht ihren Reiz aus den sich umspielenden verschiedenen Farbinseln bzw. Farbumrissen. Klar zeichnet sich die Silhouette der flachen Berge vom bewölkten Himmel ab. Man kann die Komposition so lesen, dass Vordergrund und Himmel trotz ihrer bewegten Pinselstruktur wie Ruhezonen gegenüber dem in einzelne Farbfetzen gegliederten Vegetationsbereich wirken. Die farbliche Darstellung der Flora mit ihren vielfältigen Abwandlungen von Kalt- bzw. Warmtönen gestaltet sich hoch komplex. Das Werden und Vergehen wird durch die sich ineinander verschränkenden und einander umfließenden Farbverläufe symbolhaft wiedergegeben. Sommer geht es nicht um Details der Landschaft, sondern um die Darstellung ihrer ständigen Verwandlung als ihr wesentliches Charakteristikum.



Chrysanthemen in roter Vase, 1986
Acryl auf Karton, 59,0 x 44,5 cm

Ausstellung: Konrad Sommer und der Falter auf der Nase, Zitadelle Spandau, Berlin 2021
Publikation: Ausstellungskatalog Konrad Sommer und der Falter auf der Nase, Berlin 2021, Abb. 21, Text, S. 26.

 Chrysanthemen in roter Vase, 1986, Acryl auf Karton, 59,0 x 44,5 cm
						bez. u.r.: K. Sommer 86
Chrysanthemen in roter Vase, 1986, Acryl auf Karton, 59,0 x 44,5 cm bez. u.r.: K. Sommer 86

Auf einen Tisch steht eine kugelartige rote Vase, aus der Stängel mit bauschigen Chrysanthemenblüten und ihre Blätter herausragen. Als Hintergrund dient eine ultramarinblaue Farbfläche, die in durchsichtiger Lasur auf den Karton aufgetragen ist. Zusammen mit dem Rot und dem hellen Gelbweiß der Blüten bildet das Blau einen strahlenden Farbkontrast. Das dunkle Grün der Blätter dagegen fällt kaum auf und vermischt sich mit dem Hintergrund zu einer relativ einheitlichen Fläche. Schaut man die Reihung der Blüten an, so ergibt sich eine leichte Diagonale von der roten Vase nach rechts oben, bei der die Symmetrie der Komposition aufgebrochen wird. Das Gemälde bezieht seinen Reiz aus der lockeren Pinselführung, den dünnen übereinander gelagerten Lasuren, die frei über die Malfläche gelegt wurden. Nach bisherigem Forschungstand ist es das letzte Gemälde, das Konrad Sommer signierte und datierte. Es stellt ein wunderbares Beispiel für den Spätstil des Künstlers dar, in dem Sommer sich mehr und mehr von einer mimetischen Abbildung entfernte.



Funtensee, um 1988
Öl auf Karton, 40,0 x 56,5 cm

Ausstellung: Akustik und Musik der Landschaft, Atelier Martin von Ostrowski, Berlin 2019
Ausstellung: Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022
Publikation: Martin von Ostrowski: Konrad Sommer, Rhythmische Landschaften, Berlin 2020, Abb. 17, Text S. 14.

 Funtensee, um 1988, Öl auf Karton, 40,0 x 56,5 cm
Funtensee, um 1988, Öl auf Karton, 40,0 x 56,5 cm

Das in weitgehend in blaugrauen und rosa Tönen gehaltene Gemälde zeigt den Funtensee mit dem Schottmalhorn am Rande des Steinernen Meeres. Im Vordergrund sieht man den See, an beiden Seiten eingerahmt von flachen, rosafarbenen Uferbereichen. Diese steigen im Mittelgrund zu Berghöhen auf, rechts etwas höher als auf der breiter gelagerten Seite zur Linken. Fast in der Bildmitte gewahrt man das Schottmalhorn, das über die Anhöhe der umliegenden Berge in den Himmel hineinragt. Dass das Gemälde trotz der weitgehend symmetrischen Komposition in keiner Weise eintönig wirkt, liegt an den ungemein lockeren Pinselstrichen, die sich über das Querformat verteilen. Insgesamt finden sich viele farbige Dreiecksformen, darunter auch sehr spitzwinklige, und dazu einige unregelmäßige Farbrechtecke. Die Repetitionen ähnlicher Formen führen zu einem Vibrieren der Oberfläche, die Landschaft scheint zu atmen. Obwohl das Gemälde als abgeschlossen angesehen werden kann, zeigt es sich in seiner inneren Erscheinung als in einem Prozess befindlich, als ob es noch im Werden begriffen sei. Das prozessuale Entstehen bildet von nun an gleichsam den Hauptinhalt der Bilder. Damit eröffnet Sommer dem Betrachter die Möglichkeit einer ästhetischen Erfahrung: Er lädt ihn ein, das Werk weiterzudenken und eigene Assoziationen zu entwickeln.



Benediktenwand, um 1989
Acryl auf Hartfaser, 56,5 x 70,6 cm

Ausstellung: Konrad Sommer und der Falter auf der Nase, Zitadelle Spandau, Berlin 2021
Ausstellung: Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022
Publikation: Ausstellungskatalog Konrad Sommer und der Falter auf der Nase, Berlin 2021, Abb. 23, S. 29.

 Benediktenwand, um 1989,  Acryl auf Hartfaser, 56,5 x 70,6 cm
Benediktenwand, um 1989, Acryl auf Hartfaser, 56,5 x 70,6 cm

Zwischen zwei Bergrücken erkennt man die Benediktenwand vor einem strahlend blauen Himmel. Extreme Kontraste kennzeichnen das Bild. Die große Eisfläche in der Mitte des Gebirgsstockes erstrahlt in Weiß, während Konturen des Berges rechts am Bildrand und die Bewaldung im Mittelgrund mit breiten schwarzen Konturen umrandet sind. Ein kräftiges Pink, das sowohl in der zentralen Felswand als auch im Vordergrund für den Boden eingesetzt wird, bildet einen Komplementärkontrast zum kräftigen Grün. Auch das Hellblau des Himmels, bzw. das leicht violette Hellblau der Berge steht in einem extremen Farbkontrast zu dem Ocker, das verschiedentlich durchscheint, bzw. das den oberen Teiles der Benedikenwand charakterisiert. In großer Freiheit sind die Farben übereinander gelegt, teils mit dem Pinsel gemalt, teils mit dem Spachtel gesetzt oder gewischt. Die durch den lockeren Farbauftrag zustande kommenden Zufälligkeiten tragen wesentlich zum Reiz des Gemäldes bei. Häufig sind zwei bis vier Schichtungen von Farbe wahrnehmbar, eine Technik, die Sommer in den neunziger Jahren weiterverfolgte.



Walchensee, um 1989
Acryl auf Hartfaser, 56,4 x 71,2 cm

Ausstellung: Konrad Sommer und der Falter auf der Nase, Zitadelle Spandau, Berlin 2021
Ausstellung: Museum Schloss Adelsheim, Berchtesgaden 2022
Publikation: Ausstellungskatalog Konrad Sommer und der Falter auf der Nase, Berlin 2021, Abb. 24, S.29.

 Walchensee, um 1989, Acryl auf Hartfaser, 56,4 x 71,2 cm
Walchensee, um 1989, Acryl auf Hartfaser, 56,4 x 71,2 cm

Auf dem Gemälde sieht man einen Ausschnitt des Walchensees. Ganz links am Bildrand steht eine Lärche und nimmt fast die gesamte Höhe des Bildformates ein. Außergewöhnliche Farbkombinationen prägen dieses Gemälde: Ocker das ins Gelbgrünliche changiert, Hellblau und dunkles Ultramarin, sowie kaltes Pink und warmes Orangerot. Damit werden extreme Varianten des Warm-Kalt-Kontrastes eingesetzt. Deutlich kann man die Pinselstrukturen wahrnehmen, die sich aus längeren horizontalen, breiten und meist kürzeren, vertikalen Strichen zusammensetzen. Lediglich innerhalb der hellblauen Zeichnungen der Berge und innerhalb des Nadelgewächses gibt es diagonale und kurvige Formen. Eine Landschaft breitet sich vor uns in ungewöhnlichen Farben vor uns aus, dass es schwerfällt, eine Jahreszeit anzugeben. Man könnte Frühjahr oder Herbst assoziieren, doch bleibt dies letztlich in der Schwebe.



Bergmassiv, teilweise weiß übermalt, um 1989
Acryl, Öl auf Karton, 40,0 x 57,0 cm

 Bergmassiv, teilweise weiß übermalt, um 1989, Acryl, Öl auf Karton, 40,0 x 57,0 cm
Bergmassiv, teilweise weiß übermalt, um 1989, Acryl, Öl auf Karton, 40,0 x 57,0 cm

Kraftvolle Pinselstriche charakterisieren die Darstellung dieses Bergmassives. Trotz einer weißen fast deckenden Übermalung im Bereich des Himmels und der unteren Zone, kann man große Teile des Berges in der ursprünglichen intensiven Farbigkeit wahrnehmen. Die farbige Zone gleicht einem Ringsegment und ist durch meist horizontale oder vertikal verlaufende Pinselstriche abwechslungsreich strukturiert. Die Farbigkeit führt von Weiß über Ocker und Orangerot zu Braun Blau und violetten Tönen. Aber auch im farbigen Bereich gewahrt man weiße Übermalungen, wie z.B. die diagonale Konturlinie entlang eines Abhanges auf der linken Seite oder die deutliche Überarbeitung über einer grauweißen Fläche direkt in der Mitte des Gemäldes. Leider konnte bisher das dargestellte Massiv mit keinem Berg identifiziert werden. Es erinnert etwas in seiner Wölbung an die Benediktenwand. Es bleibt offen, warum Sommer die Überarbeitung vornahm? Wollte er das Massiv hervorheben, indem er den Vordergrund und den Himmel in seiner Farbigkeit weitgehend auslöschte? Vielleicht ging es Sommer in seinen Überarbeitungen im Spätwerk einfach darum, ein Gemälde durch bewusste Veränderungen, bzw. Störfaktoren, interessanter zu gestalten. In den Exzerpten über ästhetische Aussagen von Philosophen, Dichtern und Künstlern, die Konrad Sommer im Laufe seines Lebens in einem Notizbuch und auf losen Blättern zusammenstellte, finden sich Verweise auf Heraklit, dass alles fließe, sich ständig wandle. Sommer zitiert in seinen Exzerpten auch eine Aussage Caspar David Friedrichs, dass der Künstler nicht das malen solle, was er vor sich sieht, sondern das, was er in sich sehe. Die Schau nach Innen bedeutet in diesem Fall eine Teilauslöschung der vorhandenen Realität zugunsten eines dadurch umso intensiver wirkenden Ausschnittes. Auch die Forderung Nietzsches, dass man mit dem Hammer philosophieren solle, könnte hier angeführt werden. Durch Zerstörung entsteht etwas Neues. Die ständige Transformation, Veränderung gehört zum Wesen der Natur. Scheinbar so feste Gefüge wie ein Gebirge sind Wetter, Erosion und morphologischen Veränderungen genauso ausgesetzt wie lebende Organismen, die in einer schnelleren Folge von Werden und Vergehen sich evolutionär weiterentwickeln.